Finanzielle Hilfe bei Engpässen aufgrund der Corona-Pandemie

24.03.2020

Die wohl häufigste Frage, die in den letzten Tagen gestellt wurde, ist die nach finanziellen Hilfen jeglicher Art, für alle diejeniegen, denen gerade die Einkünfte weggebrochen sind. Im Folgenden werde ich versuchen, die verschiedenen Möglichkeiten einmal zusammenzufassen.

Passive Hilfe durch Stundungsmöglichkeit

Um seine eigenen Liquidität zu erhalten hat die Regierung zuerst einmal Möglichkeiten geschaffen, von bestimmten finanziellen Belastungen befreit zu werden. Alle deutschen Finanzämter sind angewiesen, ohne Zinsen oder Versäumniszuschläge fällige Steuerzahlungen zu stunden. Hierzu reicht ein einfacher Antrag an das zuständige Finanzamt. Davon sind umfasst Einkommens- und Umsatzsteuervorauszahlungen, Einkommens- und Umsatzsteuer, Gewerbesteuer u.ä.

 

Zudem soll noch in dieser Woche über einen Gesetzentwurf entschieden werden, der betroffenen Privatpersonen und Kleinunternehmern ein zeitlich begrenztes Zahlungsmoratorium ermöglicht. Das bedeutet, dass bestimmte Zahlungsverpflichtungen aus Verträgen, die vor dem 8.3.20 abgeschlossen wurden, und Verpflichtungen aus Dauerschuldverhältnissen, also z.B. Leasingraten, gestundet werden können. So können z.B. dann Mietzahlungen eingestellt werden, wenn diese nachweislich nicht mehr erbracht werden könnten. Gleiches gilt für Tilgung und Zinsen bei Verbraucherdarlehensverträgen.Allerdings sollte von diesen Möglichkeiten eher zurückhalten Gebrauch gemacht werden, denn jedem sollte klar sein, dass Stundung immer nur einen zeitlichen Aufschub bedeutet. Die Forderungen bleiben also bestehen und müssen nur zu einem späteren Zeitpunkt beglichen werden. Aber denjenigen, denen das vorläufig hilft, sollten unbedingt mit ihren Vertragspartnern sprechen und von ihrem Leistungsverweigerungsrecht (schriftlich!!!) Gebrauch machen.

Kredite der Kfw-Bank

Eine weitere Möglichkeit sind Kredite der Kfw-Bank, die aufgrund der aktuellen Lage sehr unbürokratisch und schnell vergeben werden. Auch dies ist jedoch nur eine begrenzt gute Möglichkeit, da auch hier nur Zeit gewonnen wird und das Darlehen natürlich zurück gezahlt werden muss. Dennoch eine gute und faire Möglichkeit für alle diejeniegen, die zügig Liquidität benötigen. 

Schadensersatz nach § 56 Infektionsschutzgesetz

In Einzelfällen gitb es die Möglichkeit, eine Entschädigung vom Staat nach § 56 Infektionsschutzgesetz zu erlangen. 

IfSG 

Diese Möglichkeit besteht jedoch nur dann, wenn die Berufsausübung wirklich staatlich verboten wird. Zu derartigen Entschädigungen gibt es bislang - Gott sei dank, sollte man sagen - noch kaum Rechtsprechung, so dass ich nur wenig dazu sagen, unter welchen Voraussetzungen der Schadensersatz wirklich gewährt wird. Insofern glaube ich nicht, dass diese Art des Ersatzes das Mittel der Wahl sein wird. Problematisch kann bei Schadensersatzansprüchen auch immer der Beweis des Schadens sein. Denn es dürfte in vielen Fällen schwierig sein, den entgangenen Umsatz / Gewinn zu beziffern. 

Sofortmaßnahmen der Regierung

Die Regierung plant gerade im Eiltempo Sofortmaßnahmen für Einzel- und Kleinunternehmer. Nach bisherigen Statements ist von einem Zuschuss von 5.000-15.000 € auszugehen, der auf Antrag unbürokratisch gewährt werden soll und nicht zurück zu zahlen ist. Bis diese Maßnahmen beschlossen sind, werden wir uns aber sicherlich noch bis Anfang der nächsten Woche gedulden müssen. 

(Ergänzendes) Arbeitslosengeld II

Wer ganz dringend zur Deckung seiner privaten Verpflichtungen Geld braucht, welches er selber gerade nicht hat und auch nicht auftreiben kann, hat die Möglichkeit, vorübergehend Arbeitslosengeld II zu beantragen. Bei der Beantragung muss allerdings nachgewiesen sein, dass alle anderen Mittel ausgeschöpft worden sind, denn das ALG II ist insofern subsidiär, also das letzte Mittel. Wer aber wirklich ohne diese staatliche Hilfe seinen privaten Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten kann, der sollte sich vor diesem Antrag nicht scheuen. Und Sie sollten diesen Antrag vor allem auch schnell stellen, denn der Antragszeitpunkt begründet den Beginn der Leistung, es gibt in der Regel keine rückwirkende Leistung.

Eine spannende Frage, die mich in diesem Zusammenhang erreicht hat ist die, ob eine später von der Regierung gezahlte Soforthilfe dann nachträglich auf das gezahlte ALG II anzurechnen sei und dann eine Rückzahlungspflicht begründen würde. Da wir uns in einer völlig neuen Situation befinden, kann ich diese Frage leider nicht mit absoluter Sicherheit beantworten. Aber aus Gesichtspunkten der Logik würde ich eine Anrechnung eigentlich erst einmal ausschließen, da die Zielrichtungen der beiden Maßnahmen völlig unterschiedliche sind. Das ALG II ist dazu da, meine Miete und Nietnebenkosten zu sichern und den Einkauf von Nahrungsmitteln, Kleidung und Hygieneprodukten zu ermöglichen. Dieses Geld deckt also den absoluten Grundbedarf. Die Soforthilfen richten sich hingegen an Klein- und Einzelunternehmer, setzen also eine vorangegangene selbstständige Tätigkeit voraus. Und an dieser Stelle sollen die Hilfen die laufenden Kosten der Selbstständigkeit decken, also so etwas wie Büromiete, Leasingfahrzeuge und Ähnliches. Die Hilfe ist damit meiner Meinung nach zweckgebunden für die Ausfälle in der Selbstständigkeit und kann daher nicht auf das ALG II angerechnet werden. 

Eine ähnliche Fragestellung gab es vor vielen Jahren im Zusammenahng mit dem damals gewährten Ich-AG-Zuschuss für Menschen, die sich selbstständig machen wollten. Tatsächlich gab es damals auch Behörden, die den Ich-AG-Zuschuss auf ein ergänzendes ALG II anrechnen wollten. Es kam zu dieser Frage damals zu einer Vielzahl von Gerichtsverfahren vor den Sozialgerichten, die jedoch leider nicht einheitlich entscheiden wurden. Da dieses Zuschussinstrument dann sehr schnell wieder abgeschafft und durch andere Starthilfemöglichkeiten ersetzt wurde, kam es dann - soweit ich weiß (Sozialrecht ist eigentlich gar nicht mein Rechtsgebiet) wohl nicht mehr zu einer einheitlichen obergerichtlichen Entscheidung. Meiner Meinung nach ist die Ausgangsfrage jedoch dieselbe. Wer also beides geltend macht, ALG II und die Soforthilfe, sollte zumindest die Möglichkeit der Anrechnung und Rückforderung in Betracht ziehen und - sofern möglich - einen Teil des Geldes für diesen Fall zurücklegen.