Patientenverfügung

Die dritte Säule einer gelungenen Vorsorge ist - neben Testament und Vorsorgevollmacht - die Patientenverfügung. Während die Vorsorgevollmacht im Wesentlichen geschäftliche Belange regeln soll, geht es in der Patientenverfügung einzig und allein um die Regelung von medizinischen Behandlungen. Während zu Beginn der Zeit der Patientenverfügungen zumeist der Satz „ich wünsche keinerlei lebenserhaltenden Maßnahmen“ in dieser oder jener Situation sehr verbreitet war, so hat mittlerweile seit 2016 der Bundesgerichtshof immer wieder sein - ohnehin geltendes - Bestimmtheitsgebot speziell für Patientenverfügungen bekräftigt und die Menschen aufgefordert, genau darzulegen, in welcher Situation sie welche Maßnahmen wünschen und welche ablehnen. 

Die Festlegungen in einer Patientenverfügung gelten selbstverständlich immer nur für den Fall, dass Sie im Moment der Entscheidung selbst zur Willensbildung und Äußerung nicht mehr, oder vorübergehend nicht, in der Lage sind. Ihr eigener in der Situation geäußerter Wille hat ansonsten selbstverständlich Vorrang vor dieser Verfügung. 

Tatsächlich gibt es eine für medizinische Laien völlig unüberschaubare Anzahl verschiedener Erkrankungen und Verletzungen. Für alle diese vagen Möglichkeiten eigene Regelungen zu treffen, ist völlig unmöglich. Dennoch gibt es verschiedene Arten der Beeinträchtigung, die man von seinen Wünschen her sicherlich unterschiedlich bewerten kann. Man kann die möglichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen jedoch zu 4 Gruppen zusammenfassen. Zu jeder dieser Fallgruppen sollten Sie dann im Einzelnen festlegen, welche Maßnahmen Sie in diesen Fällen wünschen und welche Sie ablehnen. 

a) Krankheit / Unfall

Sie haben eine Krankheit oder einen Unfall mit realistischer Aussicht auf Erhaltung eines erträglichen Lebens. Wenn Sie beispielsweise im Straßenverkehr verunglücken und klar ist, dass keine oder wenige Folgeschäden aus diesem Unfall zurückbleiben, dann möchten Sie vermutlich eine andere Art der Behandlung, als vielleicht dann, wenn Sie unheilbar krank sind. Dieselben Entscheidungen würden Sie sicherlich auch dann treffen, wenn Sie jetzt gerade eine schlimme Erkrankung haben, von der Sie aber vermutlich keine weitreichenden Folgeschäden zurückbehalten. Es geht also in dieser Fallgruppe um nur vorübergehende Einschränkungen, nicht um dauerhafte. Die meisten Menschen wünschen sich in derartigen Situationen jedwede medizinische Hilfe, was immer sie auch kosten mag. 

b) Hirnschädigung

Sie haben eine irreversible Gehirnschädigung aufgrund von Krankheit, Unfall, Schlaganfall, oder fortgeschrittenen Hirnabbauprozessen (beispielsweise Demenz). Diese Fallgruppe beschreibt somit alle die Fälle, in denen regelmäßig Ihr Körper noch mehr oder weniger uneingeschränkt funktioniert, Ihre Gehirntätigkeit jedoch soweit eingeschränkt ist, dass Sie Zusammenhänge nicht mehr erkennen und verstehen und dieser Zustand sich auch nicht mehr verbessern wird. Das bedeutet, dass Ihre Schmerzempfindung noch vollständig erhalten ist, Sie aber schlimmstenfalls nicht mehr wissen, wer Sie sind. 

c) Ausfall von Motorik und Artikulation

Ihre Hirnfunktion ist unbeeinträchtigt, Sie können sich jedoch weder bewegen noch artikulieren (z.B. Locked-In-Syndrom / komplette Lähmung). Diese dritte Fallgruppe beschreibt im Grunde das genaue Gegenteil der vorher geschilderten Fallgruppe. In manchen Fällen ist es gerade Ihr Gehirn, welches noch reibungslos funktioniert, die körperlichen Funktionen sind jedoch soweit eingeschränkt, dass Sie sich weder bewegen noch artikulieren können und diese Beeinträchtigung einen dauerhaften Zustand darstellt. 

d) Sterbeprozess

Sie befinden sich im unmittelbaren Sterbeprozess oder im Endstadium einer unheilbaren tödlich verlaufenden Krankheit, bei dem jede lebenserhaltende Therapie das Sterben und Leiden ohne Aussicht auf Besserung verlängern würde. Während die Fallgruppen 2 und 3 Beeinträchtigungen beschreiben, die nicht unmittelbar zum Tod führen, mit denen man also unter Umständen über Jahre weiterleben kann, beschreibt die letzte Fallgruppe die Fälle, in denen die Zeit bis zum Tod im Grunde absehbar ist. Es geht also um unheilbare Krankheiten mit tödlichem Verlauf oder um den kompletten körperlichen Verfall im Alter, der ein Weiterleben unmöglich macht. 

Zu jedem dieser Fallgruppen können Sie nun in Ihrer Patientenverfügung festlegen, welche medizinischen Maßnahmen Sie wünschen und welche Sie ablehnen. Im Folgenden finden Sie eine Liste mit den gängigen Maßnahmen, über die Sie in einer Patientenverfügung entscheiden sollten.

Ø Maßnahmen der Widerbelebung

Ø Intensivmedizin

Ø Dialyse

Ø Organtransplantationen

Ø Bluttransfusionen / Blutbestandteile

Ø künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr

Ø Beatmung

Ø Kreislaufstabilisierende Medikamente

Ø neue (evtl. unerprobte) medizinische Verfahren

Ø Schmerzmittel, auch wenn diese evtl. mein Leben verkürzen

Ø Bewusstseinsdämpfende Mittel, auch wenn diese evtl. mein Leben verkürzen

Ø Behandlung im Ausland, falls diese erfolgversprechender ist als im Inland

Ø Kostenintensive Behandlungen, auch wenn ich mich dafür verschulden müsste

Neben den verschiedenen Behandlungswünschen können Sie im Rahmen einer Patientenverfügung auch anordnen, was Sie sich für die Zeit nach Ihrem Tod wünschen. 

Sie können z.B. festlegen, ob Ihre Organe nach Ihrem Tod gespendet werden dürfen oder nicht. 

Des Weiteren können Sie in Ihrer Patientenverfügung auch Bestattungswünsche festhalten. Verfügen Sie über eine Sterbegeldversicherung oder haben anderweitig bereits Regelungen getroffen (Familiengrab o.ä.), so sollten Sie auch dies bei den Bestattungswünschen erwähnen. 

Sterbehilfe in Deutschland

Oft werde ich im Zusammenhang mit der Patientenverfügung gefragt, wie das eigentlich mit der Sterbehilfe in Deutschland im Moment genau ist. 

Rechtlich müssen wir dabei 4 Begriffe unterscheiden:

- Aktive Sterbehilfe

- Passive Sterbehilfe

- Indirekte Sterbehilfe

- Assistierter Suizid

Aktive Sterbehilfe

Von aktiver Sterbehilfe spricht man immer dann, wenn einem Sterbewilligen ein tödliches Mittel verabreicht wird. Töte ich einen Menschen gegen dessen Willen, so ist dies strafbar als Totschlag oder sogar Mord und wird in der Regel mit sehr langen Freiheitsstrafen bis hin zu lebenslänglicher Strafe geahndet. Tötet man hingegen einen Menschen, der das für sich wünscht, so spricht man dabei von „Tötung auf Verlangen“. Dies ist jedoch, trotz des Willens des Sterbenden, in Deutschland strafbar (§ 216 StGB).

Straffrei ist die aktive Sterbehilfe derzeit (Stand 2020) nur in den Niederlanden (seit 2001), in Belgien (seit 2002) und in Luxemburg (seit 2009). Deutschland dürfte von einem Wandel hin zur Straffreiheit der aktiven Sterbehilfe so weit entfernt sein wie selten. 

Passive Sterbehilfe

Von passiver Sterbehilfe spricht man, beim Unterlassen lebenserhaltender Maßnahmen. Die passive Sterbehilfe ist erlaubt, sofern sie in einer wirksamen Patientenverfügung ausdrücklich gewollt ist. Insbesondere ältere Patientenverfügungen entsprechen heute oft nicht mehr den rechtlichen Mindestanforderungen, weil sie meistens nicht konkret genug gefasst sind. Wer für sich also eine passive Sterbehilfe wünscht, sollte dafür sorgen, dass eine rechtssichere und wirksame Patientenverfügung vorliegt, die in Notfall auch schnell und unproblematisch gefunden wird. 

Das derzeit einzige Problem im Bereich der passiven Sterbehilfe ist das Dilemma, welches viele Ärzte regelmäßig in diesem Zusammenhang haben. Ärzte unterwerfen sich auch heute noch oft dem Ethikverständnis des sog. hippokratischen Eides, der u.a. besagt, dass Kranken nicht geschadet werden solle. Dieses Ethikverständnis ist aber genau entgegengesetzt zu der Grundannahme des selbstbestimmten Sterbens. Allerdings werden es Jahr für Jahr mehr Ärzte, die aus einem humanistischen Verständnis heraus die Sterbehilfe befürworten. Als Angehöriger eines Sterbewilligen mit entsprechender Patientenverfügung kann man im Zweifelsfall den Willen des Patienten unter Umständen nur über einen Arztwechsel zur Umsetzung bringen. 

Indirekte Sterbehilfe

Auch die indirekte Sterbehilfe ist in Deutschland erlaubt, solange sie in einer wirksamen Patientenverfügung ausdrücklich gewünscht wird. Indirekte Sterbehilfe bedeutet die Gabe von grundsätzlich lebensverkürzenden Medikamenten. Gemeint sind dabei insbesondere starke Schmerzmittel wie Morphium u.ä. oder stark bewusstseinsdämpfende Mittel. All diesen Mitteln ist gemein, dass sie grundsätzlich dem Körper als Nebenwirkung derartig schaden, dass sie geeignet sind, das Leben zu verkürzen. 

Diese Art der Sterbehilfe wird in der Regel von Ärzten befürwortet und von den allermeisten Patienten auch ausdrücklich so verlangt. Solange ein Patient bei klarem Verstand ist und nach solchen Mitteln verlangen kann, ist die Gabe völlig unproblematisch. Kann ein Patient sich nicht mehr selber äußern, sind Ärzte grundsätzlich gehalten, diese lebensverkürzenden Medikamente nur mit entsprechender Patientenverfügung zu verabreichen. 

Assistierter Suizid

Das wohl in Deutschland derzeit umstrittenste Thema ist der sogenannte assistierte Suizid. Schon immer war der (versuchte) Selbstmord straffrei möglich. Damit ist immer auch die Beihilfe zum Suizid straffrei möglich. Assistierter Suizid bedeutet im Gegensatz zur Tötung auf Verlangen, dass der sterbewillige Patient das tödliche Mittel selber einnehmen muss, dies also nicht von einem Dritten verabreicht wird. Diese Regelungen kennen wir insbesondere aus unserem Nachbarland, der Schweiz, in der schon seit jeher Sterbehilfevereine tätig sind, die sterbewilligen Menschen professionelle Hilfe leisten. Nicht ohne Grund begeben sich viele Menschen zum Sterben noch immer in die Schweiz, um das dortige Angebot in Anspruch zu nehmen. 

Unter der Leitung des früheren Hamburger Justizsenators, Dr. Roger Kusch, wurde im Jahre 2009 in Schleswig-Holstein der Verein „Sterbehilfe Deutschland e.V.“ gegründet, der eine professionelle Sterbebegleitung und auch Sterbehilfe anbot. Leider hat der Gesetzgeber Ende 2015 den Leistungen des Vereins einen Riegel vorgeschoben durch die Schaffung des § 217 StGB, der eine kommerzielle Sterbehilfe ausdrücklich unter Strafe stellt. Straffrei sollten danach lediglich die nichtkommerzielle Hilfe von Verwandten und nahestehenden Menschen bleiben. Damit musste der Verein von jetzt auf gleich sein Angebot einstellen und konnte seinen Mitgliedern die versprochenen Leistungen nicht mehr gewährleisten. 

Gegen diesen § 217 StGB legten Betroffene sowie Palliativärzte 2016 Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein, über die erst im Jahre 2020 entschieden wurde. Begründet wurde die Verfassungsbeschwerde mit einer Verletzung des Artikel 1 des Grundgesetzes („Die Würde des Menschen ist unantastbar“). Laut der Betroffenen gewährleistet Artikel 1 GG nicht nur ein selbstbestimmtes Leben, sondern auch ein selbstbestimmtes Sterben.  

Um in der Zwischenzeit den sterbewilligen Menschen dennoch eine Möglichkeit des selbstbestimmten Sterbens zu geben, hatte Kusch mittlerweile eine Lösung gefunden, Deutschen über ein Konstrukt, welches verschiedene Gesetzeslücken nutzt, über ihren Sitz in der Schweiz Sterbehilfe zu leisten. Damit hat der deutsche Gesetzgeber im Grunde ein deutsches Problem in die Schweiz verlagert, aber nicht nachhaltig gelöst. Mittlerweile gibt es 4 Organisationen, die über eben dieses Konstrukt die Sterbehilfe auch in Deutschland möglich machen.

Am 26. Februar 2020 hat das Bundesverfassungsrecht dann endlich zugunsten der Humanität entschieden, in dem es festgestellt hat, dass § 217 StGB in seiner jetzigen Fassung verfassungswidrig ist. Damit ist der assistierte Suizid nun auch in Deutschland (wieder) möglich. 

Wer glaubt, damit seien nun alle Hindernisse aus dem Weg geräumt, irrt jedoch. In der Regel wird in der Schweiz die Sterbehilfe praktiziert mit Hilfe des Mittels Natrium-Pentobarbital (NaP). In Deutschland war die Verschreibung dieses Medikaments für sterbewillige untersagt. Im Jahre 2017 urteilte bereits das Bundesverwaltungsgericht, dass es in Extremfällen Ausnahmen geben müsse für schwer und unheilbar Kranke. Die Regierung und insbesondere Gesundheitsminister Spahn weigern sich jedoch, diesem Urteil nachzukommen. Bis zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts waren beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte 102 Anträge abgelehnt worden, über weitere 31 Anträge ist bis heute noch nicht entschieden. 24 der Antragsteller sind mittlerweile auf andere Weise verstorben. Beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte liegt eine Weisung des Gesundheitsministeriums, schon seitens des früheren Gesundheitsministers Hermann Gröhe ebenso wie heute von Jens Spahn vor, die besagt, dass derartigen Anträgen grundsätzlich NICHT stattgegeben werden darf. Damit stellt sich der Gesundheitsminister gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ebenso wie gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, indem es einfach die Urteile NICHT umsetzt. Das Urteil fordert die Bundesregierung deutlich dazu auf, eine klare Regelung in Deutschland zu schaffen, die Regierung und allen voran Jens Spahn, verweigern jedoch ihr Tätigwerden in dieser Sache. 

Unter dem Titel „Sterbehilfe: Spahn boykottiert Recht“ strahlte die ARD am 15.10.2020 um 21.45 Uhr in der Sendung Panorama einen ausführlichen Bericht zu diesem Thema aus, der derzeit noch online abrufbar ist. 

https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2020/Sterbehilfe-Spahn-boykottiert-Recht,sterbehilfe360.html

In Deutschland engagiert sich bereits seit 1980 die Deutsche Gesellschaft für humanes Sterben (DGHS) e.V. mit Sitz in Berlin (www.dghs.de) für klare Regelungen in Deutschland. 

Wer selbst für sich Vorsorge treffen möchte, dem bleibt derzeit nur die Möglichkeit, zum einen eine gute und rechtssichere Patientenverfügung zu erstellen oder sich über Anbieter in der Schweiz beraten und helfen zu lassen. 

Kosten

Grundsätzlich können Sie sowohl die Vorsorgevollmacht als auch die Patientenverfügung privatschriftlich erstellen. Somit entstehen keine weiteren Kosten. Sollten Sie jedoch auch Grundstücksgeschäfte und handelregisterrechtliche Verfügungen Ihrem Bevollmächtigten übertragen wollen, so müssten Sie Ihre Vollmacht noch beglaubigen (NICHT beurkunden) lassen. Für eine solche Beglaubigung entstehen - je nach Umfang der Vollmachtsurkunde - ca. 15,- bis 50,- €. Nur in den Fällen, in denen der Bevollmächtigte in Ihrem Namen Kredite für Sie aufnehmen können sollte, ist zwingend eine notarielle Beurkundung erforderlich. Für eine solche Beurkundung entstehen in der Tat recht schnell Kosten im 4-stelligen Bereich, da diese Kosten sich nach dem Vermögenswert des Vollmachtgebers richten.   

 

Bei den Patientenverfügungen biete ich Ihnen folgende Pauschalpreise an:

Patientenverfügung - 500,- € + MwSt. 

(Es entstehen ggfs. zusätzliche Kosten für notarielle Beurkundung.)

General- und Vorsorgevollmacht mit Patientenverfügung - 800,- € + MwSt. 

(Es entstehen ggfs. zusätzliche Kosten für notarielle Beurkundung.)

 

In den genannten Preisen sind folgende Leistungen erhalten:

- Ausführliches Beratungsgespräch 

- Entwurf des Dokuments inclusive 2 Nachbesserungen / Erweiterungen

- Merkblatt zu den formalen Voraussetzungen

- auf Wunsch auch Vermittlung eines Notars und direkte Weiterleitung der Entwürfe

 

Das Vorsorgepaket

Wenn Sie sowohl Testament als auch Ihre Vorsorge, also Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht, regeln wollen, dann biete ich Ihnen dazu ein kompaktes Komplettpaket zu einem guten und fairen Preis an. Infos dazu finden Sie unter www.van-Luijn.de/erbrecht/das-Vorsorgepaket