Arbeitszeiten

Ein schier unendliches Thema im Arbeitsrecht ist die Arbeitszeit. Vermutlich gibt es so viele Arbeitszeitmodelle, wie es unterschiedliche Arbeitsbereiche gibt. Genannt seien hier mal die geläufigen Modelle von festen Arbeitszeiten, vielleicht sogar noch mit Stempeluhr oder Ähnlichem, Gleitzeit, Arbeitszeitkonten, Vertrauensarbeitszeit, Überstundenregelungen, Freizeitausgleich, Monatsarbeitszeit, Jahresarbeitszeit, Homeoffice usw. Verlieren Sie hier nicht den Überblick. Grundsätzlich beurteilen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Vor- und Nachteile der verschiedenen Arbeitszeitmodelle manchmal sehr unterschiedlich. Allen gemein ist, dass sich alle Arbeitszeitmodelle an das Arbeitszeitgesetz halten müssen. Dies sieht u.a. Höchstarbeitszeiten - insbesondere auch für Jugendliche - vor. Eine Überschreibung dieser Höchstarbeitszeiten ist nur in wenigen Ausnahmefällen möglich.

Im Folgenden erhalten Sie einen ersten Überblick über die Grundlagen, wobei an dieser Stelle natürlich darauf hinzuweisen ist, dass die dargestellten Grundlagen nicht immer und an jeder Stelle unumstritten ist. Die dargestellten Grundlagen entsprechend somit teilweise meiner eigenen Haltung.

 

I. Arbeitszeit – Was ist was?

Was ist eigentlich Arbeitszeit? Für den Begriff der Arbeitszeit gibt es verschiedene Definitionen. 

Arbeitsschutzrechtlich

Im europäischen Kontext definiert die Richtlinie 2003/88/EG des europäischen Parlaments über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung vom 4.11.2003 in seinem Art. 2 Nr. 1, dass Arbeitszeit jede Zeitspanne ist, während der ein AN arbeitet, dem AG also zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt.

Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes ist gemäß des dortigen § 2 I ArbzG die Zeit von Beginn bis zum Ende der Arbeit, jedoch ohne die Ruhepausen. Arbeitszeit ist somit die Summe der Zeiten zwischen dem Arbeitsbeginn und dem Arbeitsende.

Das AbrbzG bindet als öffentliches Recht den AG, der für die Einhaltung Sorge zu tragen hat. Der AG, seine gesetzlichen Vertreter oder entsprechende Führungskräfte sind damit bußgeld- und strafrechtlich verantwortlich. Zudem ist das ArbzG eine besondere Ausgestaltung der Fürsorgepflicht des AG und damit über eine Leistungsklage einklagbar. Bei Verletzung des Arbeitszeitschutzes hat der AN ein Zurückbehaltungsrecht seiner Arbeitsleistung, ohne dass der AG ihn für die Ausübung dieses Zurückbehaltungsrechtes kündigen kann. Da die Arbeitszeitvorschriften auch Schutzgesetze im Sinne des § 823 II BGB sind, kann der AG sich schadensersatzpflichtig machen wegen der Verletzung dieser Fürsorgepflicht. 

Das ArbzG gilt für alle AN außer:

- leitende Angestellte

- Chefärzte

- Leiter / Vertreter von öffentlichen Dienststellen

- AN in häuslicher Gemeinschaft

- AN im liturgischen Bereich der Kirche

- Minderjährige (Jugendarbeitsschutz geht als spezielleres Gesetz vor)

Wasch- und Umkleidezeiten werden als Arbeitszeiten gerechnet, wenn sie einem fremden Bedürfnis dienen und nicht zugleich ein eigenes Bedürfnis erfüllen. Die Beurteilung hängt also immer von den Umständen des Einzelfalles ab. Wenn die Dienstkleidung aus gesundheitlichen und/oder hygienischen Gründen gesetzlich vorgeschrieben ist, fallen diese Zeiten unter den Begriff der Arbeitszeit. (BAG vom 13.12.16 – 9 AZR 574/15) Ist eine Dienstkleidung besonders auffällig, der AG also ohne weiteres erkennbar, so fällt das Umziehen ebenfalls unter Arbeitszeit, da es dem AN nicht zuzumuten ist, so gesehen zu werden. (BAG vom 17.11.15 – 1 ABR 76 / 13)

Als Arbeitszeit sind auch zu werten:

- Geschäftsessen, wenn diese vom AG erwartet werden

- Reisezeit, wenn sie zur vertraglich geschuldeten Tätigkeit gehört

- Teilnahme an einer vom AG veranlassten Fortbildung

- Teilnahme an einer vom AG initiierten Mediation

- Teilnahme an Betriebsversammlungen

- Abholung von Dienstkleidung, wenn dies vom AG verlangt wird

- Empfangen, Abgeben und Bereitmachen notwendiger Arbeitsmittel

Das ArbzG ist am 1.7.1994 in Kraft getreten und hat damit die aus dem Jahre 1938 stammende Arbeitszeitordnung (AZO) abgelöst. Anders als die AZO ist das ArbzG ein reines Arbeitnehmerschutzgesetz. Vergütungsrechtliche Fragen werden dort – anders als noch in der AZO - nicht geregelt. 

Besondere, dem ArbzG vorangehende – Regelungen für besonderer Arbeitnehmergruppen sind zu finden:

- im Jugendarbeitsschutz (JArbSchG)

- im Mutterschutzgesetz (MuSchG)

- im Gesetz über das Fahrpersonal von Kraftfahrzeugen und Straßenbahnen FpersG)

- in der VO zur Durchführung des Fahrpersonalgesetzes

- im Ladenschlussgesetz für AN im Einzelhandel

Vergütungsrechtlich / Mitbestimmungsrechtlich

Anders ist der Arbeitszeitbegriff in § 87 I Nr. 3 BetrVG definiert. Danach ist Arbeitszeit diejenige Zeit, in der ein AN seiner vertraglich geschuldeten Arbeitspflicht nachkommen muss.

So gilt vergütungsrechtlich die Zeit des Umziehens – anders als bei der arbeitszeitrechtlichen Betrachtung – als vergütungspflichtige Arbeitszeit, wenn auf Weisung des AG besonders auffällige Dienstkleidung zu tragen ist. Zieht sich der AN jedoch auf eigenen Wunsch bereits daheim um, so ist diese Zeit vom AG nicht zu vergüten. 

Versicherungsrechtlich

Der gesetzliche Versicherungsschutz gilt für alle AN, unabhängig davon, ob sie unter das ArbzG fallen, rund um die Arbeit. Auch wenn gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen wird, bleibt der Versicherungsschutz bestehen. Beides sind Schutzgesetze für den AN und können nicht gegeneinander ausgespielt werden. 

Versichert ist beispielsweise:

- der Weg zur Arbeit und zurück (auch wenn z.B. Schneeschippen erforderlich ist)

- Umweg, um Kind in Betreuung zu bringen

- Anziehen von Arbeitskleidung

- die Arbeitszeit selbst

- Pausen

- Betriebsveranstaltungen

- Dienstreisen

- Weg in Kantine / Restaurant

- Weg zur Toilette

Nicht versichert sind:

- Umwege beim Arbeitsweg aus privaten Gründen

- Essenszeiten, außer wenn Sie an Ihrem Schreibtisch essen

- der Weg zum Mittagessen, wenn sie einen weiteren Weg als nötig wählen

- Unfälle auf der Toilette

- Verlassen des Betriebsgeländes aus privaten Gründen

Welche Definition von Arbeitszeit gerade die maßgebliche Definition ist, richtet sich danach, ob es um zulässigen Höchstarbeitszeit, Fragen der Vergütung, Mitbestimmungsrechte des BR oder um Versicherungsschutz geht. 

 

1. Wegezeit 

Als Wegezeit versteht man die Zeit, die der AN benötigt um von seinem Wohnsitz zu seiner Arbeitsstätte zu gelangen. 

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2. Reisezeit

Reisezeiten sind Zeiten, die zu den vertraglich geschuldeten Tätigkeiten des AN gehören wie z.B. eine Fahrt von Kunde zu Kunde. Dienstreisezeit ist immer diejenige Zeit, die der AN benötigt, um vom Betriebs- oder Wohnort an einen - vom AG bestimmten - Ort außerhalb der Gemeindegrenzen des Betriebs- oder Wohnortes zu gelangen, an dem die Dienstgeschäfte zu erledigen sind.

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3. Ruhepausen

Unter Pausen versteht man vom AG im Voraus festgelegte Zeiten, in denen der AN von jeglicher Arbeitsleistung freigestellt ist. 

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4. Ruhezeiten

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Höchstrichterlich bislang nicht geklärt ist die Frage, ob Betriebsratstätigkeit zur Arbeitszeit gehört und damit auch zwischen der Arbeitszeit und einer Betriebsratsversammlung Ruhezeiten einzuhalten sind. Diese Tätigkeit ist in § 37 BetrVG ausdrücklich als Ehrenamt bezeichnet, gleichzeitig besteht aber ein Anspruch auf bezahlte Freistellung nach §§ 37, 38 BetrVG. Der arbeitsrechtliche Überforderungsschutz gilt nach einem Urteil des BAG (Urteil des BAG vom 18.1.17 – 7 AZR 224/15) aber auch für Betriebsräte. Das bedeutet, dass § 5 ArbzG zwar nicht direkt auf Betriebsräte anzuwenden ist, der Schutzzweck jedoch dennoch einzuhalten ist und damit eine Unterschreitung der Ruhezeiten unzumutbar ist. 

 

5. Arbeitsbereitschaft

Unter Arbeitsbereitschaft versteht man im Grunde eine Zeit der vom AG veranlassten Untätigkeit in der sich die Tätigkeit des AN auf die Bereitschaft zur Verrichtung der Arbeit beschränkt. Sie stellt eine mindere Leistung des AN dar, in der er sich in wacher Achtsamkeit im Zustand der Entspannung befindet. Von Arbeitsbereitschaft spricht man jedoch erst ab ca. 10 Minuten durchgängig beschäftigungsfreier Zeit.

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6. Bereitschaftsdienst

Von Bereitschaftsdienst spricht man immer dann, wenn sich der AN außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom AG festgelegten Stelle innerhalb oder außerhalb des Betriebes bzw. innerhalb eines bestimmten Radius um den Betrieb aufzuhalten hat um auf Anforderung seine Arbeit aufzunehmen. Die Zeit zwischen Abruf und Arbeitsaufnahme wird dabei in der Regel mit einer bestimmten Höchstreaktionszeit festgelegt.

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7. Rufbereitschaft

Unter Rufbereitschaft versteht man die Zeiten, in denen sich der AN an einem Aufenthaltsort seiner Wahl aufhält, für den AG jedoch jederzeit erreichbar ist, um auf Abruf zur alsbaldigen Arbeitsaufnahme in der Lage zu sein. 

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II. Umfang der Arbeitszeit

Unter dem Umfang der Arbeitszeit versteht man die Arbeitszeit, welcher der AN dem AG schuldet. Der Umfang der Arbeitszeit wird i.d.R im Arbeitsvertrag geregelt. Wenn eine Arbeitszeit nicht vereinbart wurde, so gilt die betriebsübliche AZ als vereinbart. Nur wenn es keine anderen Anknüpfungspunkte gibt, dann ist auf das gelebte Rechtsverhältnis abzustellen. Es ist umstritten, ob auch der Umfang der Arbeitszeit unter das Direktionsrecht des AG fällt.

 

1. Gesetzliche Höchstarbeitszeit / Ausgleich

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2. Kurzarbeit

Kurzarbeit ist die vorübergehende Veränderung der arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten durch Verkürzung der regelmäßigen betriebsüblichen Arbeitszeit bei entsprechender Verminderung der Vergütungsansprüche des AN in der Regel aus wirtschaftlichen Gründen. (Arbeits- und Vergütungspflicht ruhen) 

Kurzarbeit setzt wirksame kollektiv- oder einzelvertragliche Regelung (Bestimmtheitsgrundsatz) voraus, nicht über Direktionsrecht machbar (laut LAG Düsseldorf aber konkludente Vertragsänderung durch Hinnahme möglich). Kurzarbeit kann im AV vorbehalten sein, unterliegt aber dann einer AGB-Kontrolle.

 

3. Überstunden

Eine Anstellung „in Vollzeit“ ohne weitere Regelungen bedeutet in der Regel eine 40-Stunden-Woche. Überstunden/Mehrarbeit sind die Zeiten, die über die vereinbarte oder tariflich geregelte Arbeitszeit zu leisten ist. 

Überstunden bedürfen immer einer Rechtsgrundlage (AV, TV, BV) und eine Pflicht zu Überstunden kann nur in Ausnahmefällen aus der Verkehrsanschauung hergeleitet oder in dringenden Fällen aus der arbeitsvertraglichen Treuepflicht in Verbindung mit § 242 BGB abgeleitet werden. Eine regelmäßige Übung ist keine konkludente Vertragsänderung.

Bei der Anordnung von Überstunden besteht immer ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates, auch in Eilfällen. Es können aber im Vorfeld die Grundsätze für die Anordnung von Überstunden und die Auswahl der AN getroffen werden. 

Nur in echten Notfällen (Brand, Überschwemmung o.ä.) kann der AG eigenmächtig Überstunden anordnen und den Betriebsrat darüber nachträglich informieren. Der BR kann mitentscheiden ob und wie viele Überstunden angeordnet werden und auch durch welche AN diese abzuleisten sind. Auch die Duldung von Überstunden ist grundsätzlich mitbestimmungspflichtig. 

Vergütungsrechtlich sind Mehrarbeitsstunden genauso zu vergüten wie normale Arbeitszeit, auch wenn die Anordnung der Mehrarbeit unwirksam ist. Ob darüber hinaus weitere Zuschläge zu zahlen sind, kann individuell oder kollektiv geregelt werden.

 

4. Besondere vertragliche Vereinbarungen

Es kann im Arbeitsvertrag eine sog. „Arbeit auf Abruf“ vereinbart werden. Dabei darf die vereinbarte Arbeitszeit vom AG bei einer Mitteilung spätestens 4 Tage im Voraus um bis zu 25% überschritten und um bis zu 20% unterschritten werden. 

Wenn besondere Umstände dies erforderlich machen (z.B. Reinigungskraft in einer Schule), dann kann im AV auch vereinbart werden, dass das Arbeitsverhältnis zu einer bestimmten Zeit (Schulferien) ruht. 

 

III. Lage der Arbeitszeit

Unter der Lage der Arbeitszeit versteht man die Verteilung der Arbeitszeit und der Pausenzeiten auf den Arbeitstag bzw. die Arbeitswoche. 

 

1. Feste Arbeitszeiten

Feste Arbeitszeiten können im Arbeitsvertrag, aber auch im Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung festgelegt werden. Grundsätzlich sind diese Arbeitszeiten nach § 106 GewO umfasst vom Direktionsrecht des AG. Wenn nirgends etwas geregelt ist, so gelten die betriebsüblichen Arbeitszeiten. Wenn im Arbeitsvertrag Sonntagsarbeit nicht ausgeschlossen ist, so kann der AN (wenn Sonn- und Feiertagsarbeit erlaubt ist) auch dazu verpflichtet werden. 

Der BR hat ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei der Lage der Arbeitszeiten.

 

2. Gleitzeit und andere flexible Arbeitszeitmodelle

Die sog. einfache Gleitzeit berechtigt den AN, entweder frei oder innerhalb einer vorgegebenen Kernarbeitszeit über die Lage seiner täglichen Arbeitszeit frei zu entscheiden. Bei der sog. qualifizierten Gleitzeit kann der AN darüber hinaus auch über die Dauer der täglichen Arbeitszeit und den selbstständigen Zeitausgleich entscheiden. Dabei hat in den Fällen der qualifizierten Gleitzeit der AN selbstständig auf die Einhaltung der Höchstarbeitszeiten zu achten. 

Soweit eine Gleitzeit nicht durch entsprechenden Tarifvertrag geregelt ist, hat der BR ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei der Eiführung von gleitender Arbeitszeit.

Im Rahmen der Flexibilisierung von Arbeitszeit sind mittlerweile eine Vielzahl an unterschiedlichen Arbeitszeitmodellen entwickelt worden:

- Vier-Tage-Woche

- Vertrauensarbeitszeit

- Arbeitszeitkonten / Jahresarbeitszeit

Bei der Einführung aller dieser Arbeitszeitmodellen hat der BR, soweit die Regelungen nicht abschließend per Tarifvertrag geregelt sind, ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht.

Gute Ausarbeitungen und Materialsammlungen zu besonderen Arbeitszeitgestaltungen finden Sie unter: www.arbeitszeitberatung.de

 

3. Schichtarbeit

Über Schichtarbeit spricht man immer dann, wenn sich die Arbeitsleistung mehrerer AN an einem Arbeitsplatz derart ablösen, dass der Arbeitsplatz von mehreren AN nacheinander besetzt wird, wobei die gesamte Arbeitsspanne die Arbeitszeit des einzelnen AN übersteigt. 

 

4. Nachtarbeit

Unter Nachtarbeit versteht man die Zeiten, die mit mehr als 2 Stunden in dem Zeitbereich von 23 – 6 Uhr liegen. Vom sog. „Nachtarbeiter“ spricht man bei klassischer Wechselschicht oder wenn der AN  an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr in der Nachtzeit arbeitet. 

Die Arbeitszeit von Nachtarbeitern darf gemäß § 6 II ArbzG 8 Std. nicht überschreiten. Bei einer ausnahmsweisen Verlängerung auf 10 Stunden / Tag ist der Ausgleichszeitraum, in dem die durchschnittliche Arbeitszeit nicht mehr als 8 Stunden betragen darf, abweichend von dem sonstigen Ausgleichszeitraum begrenzt auf 1 Monat / 4 Wochen. 

Nachtarbeiter haben zudem einen Anspruch auf regelmäßige (alle 3 Jahre, ab 50. Lebensjahr jährlich) arbeitsmedizinische Untersuchungen auf Kosten des AG. 

Nachtarbeiter haben zudem auch einen Anspruch auf einen Ausgleich, nach Wahl des AG durch eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen (25%) Vergütungszuschlag. Wenn nicht dieser Ausgleich über Tarifvertrag geregelt ist, dann hat der BR nach § 87 I Nr. 7 und 10 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei der Wahl des Ausgleiches, nicht jedoch bei der Höhe des Ausgleiches. 

Nachtarbeiter müssen aufgrund des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes nach § 6 VI ArbzG dieselben Chancen auf betriebliche Weiterbildung und aufstiegsfördernde Maßnahmen erhalten, wie alle anderen AN. 

 

5. Sonn- und Feiertagsbeschäftigung

Das grundsätzliche Beschäftigungsverbot für Sonn- und Feiertage ergibt sich zum einen aus Artikel 140 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 139 der Weimarer Reichsverfassung. Die Vorschriften enthalten eine institutionelle Garantie der Sonn- und Feiertagsruhe. Eben diese Garantie steht jedoch im Spannungsverhältnis zum Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Artikel 12 Grundgesetz.  

Grundsätzlich sieht das Arbeitsruhegesetz eine Pause zur Erholung von mindestens 35 Stunden (Arbeitsfreier Tag + 11 Std. Ruhezeit) am Stück vor, in denen auch der Sonntag erhalten sein muss. Die Ruhezeit wird standardmäßig definiert von 0.00 – 24.00 Uhr. 

In mehrschichtigen Betrieben kann nach § 9 II ArbzG diese Ruhezeit um bis zu 6 Stunden verlegt (aber nicht verkürzt) werden, wenn danach der Betrieb dann für 24 Stunden ruht, wobei ein tatsächliches Ruhen, also eine objektive Betriebsruhe und nicht eine Ruhe des Einzelnen gemeint ist. 

In § 10 ArbzG sind insgesamt 16 Ausnahmen kraft Gesetzes für die Sonn- und Feiertagsbeschäftigung definiert. Von diesen Ausnahmen sind zum einen ganze Branchen betroffen (Bewachung, Landwirtschaft), zum anderen ganze Betriebe (Krankenhäuser, Gaststätten, Verkehrsbetriebe) und als letztes Sondersituationen wie z.B. die drohende Zerstörung von Produktionseinrichtungen. In Zweifelsfällen kann der AG seinen Einzelfall gemäß § 13 III Nr. 1 ArbzG von der Aufsichtsbehörde klären lassen. Die Ausnahmen sind davon abhängig, dass die Arbeiten aus technischen oder nach h.M. auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht an einem Werktag vorgenommen werden können. Die Ausnahmen von dem Beschäftigungsverbot umfassen auch die zulässigen Hilfs- und Nebentätigkeiten.

In § 13 ArbzG ist eine Ermächtigung erhalten, Rechtsverordnungen für weitere Fälle zu erlassen. Von dieser Ermächtigung hat die Landesregierung in NRW mit der Bedarfsgewerbeverordnung NRW Gebrauch gemacht.

Es kann auch von der Aufsichtsbehörde grundsätzliche Ausnahmegenehmigungen für bestimmte Fälle erteilt werden. 

Aber auch bei diesen Ausnahmen müssen 15 Sonntage im (Zeit-)Jahr beschäftigungsfrei bleiben und es muss ein Ersatzruhetag innerhalb eines 2-Wochen-Zeitraumes (8 Wochen bei Feiertag, der in die Woche fällt) bewilligt werden. Bei den Ruhezeiten geht es um die tatsächlichen Umstände, deswegen zählt auch Urlaub oder Arbeitsunfähigkeit zu den Ruhezeiten. Ist die Gewährung eines Ersatzruhetages aufgrund von mehreren Beschäftigungsverhältnissen unmöglich, so stellt dies einen personenbedingten Kündigungsgrund dar. 

Per Tarifvertrag oder Betriebs- oder Dienstvereinbarungen können gemäß § 12 ArbzG Abweichungen von der Ausgleichsregelung getroffen werden. 

Wird gegen das Beschäftigungsverbot verstoßen, so steht dem AN ein Zurückbehaltungsrecht seiner Arbeitsleistung zu, ohne dass dies einen Kündigungsgrund darstellt. Vergütungsrechtlich handelt es sich jedoch dennoch um eine zu vergütende Arbeitszeit und auch der Versicherungsschutz des AN ist nicht eingeschränkt. 

Zudem ermöglicht § 14 ArbzG eine Ausnahme von der Sonn- und Feiertagsruhe für Notfälle und andere außergewöhnliche Fälle. (zu den Details, s.o.)

 

IV. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates

Anders als beim Umfang der Arbeitszeit hat der Betriebsrat nach § 87 I Nr. 2 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei der Lage der Arbeitszeit, soweit diese nicht durch Gesetz oder Tarifvertrag inhaltlich abschließend geregelt ist. 

Mitbestimmungspflichtig sind insbesondere:

- Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage / arbeitsfreie Tage

- Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit

- Dauer und Lage der unbezahlten Pausen

- Einführung oder Aufhebung von gleitender Arbeitszeit

- Einführung oder Abbau von Schichtarbeit / Änderung der Schichtpläne

- Einführung von Samstags- und Sonntagsarbeit

- Einführung von Rufbereitschaft / Bereitschaftsdienst

- rollierende Systeme

- Einführung von Kurzarbeit / Überstunden

NICHT mitbestimmungspflichtig sind insbesondere:

- individuelle Arbeitszeit eines AN aufgrund persönlicher Bedürfnisse

- Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit

- Reisezeit außerhalb der normalen Arbeitszeit bei Dienstreisen

 

V. Überwachung der Arbeitszeitregelungen

Zur Sicherung der Einhaltung der Arbeitszeit hat der AG

a)        an geeigneter Stelle im Betrieb einen Abdruck des ArbzG auszuhängen / auszulegen

b)        die aufgrund des ArbzG erlassenen Rechtsverordnungen und die für den Betrieb geltenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen, durch die von den Vorschriften des ArbzG abgewichen wird  auszuhängen / auszulegen

c)        Nachweise über Abweichungen von der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit zu führen und diese der Aufsichtsbehörde auf Verlangen zugänglich zu machen

            (Stempelkarte oder sonstige elektronische Erfassungssysteme)

Der AN kann bei Nichteinhaltung des ArbzG die Aufsichtsbehörde einschalten, nachdem er erfolglos beim AG um Abhilfe nachgesucht hat. Die Aufsichtsbehörde kann gemäß § 17 II ArbzG per Verwaltungsakt die erforderliche Maßnahme, die der AG im Interesse des Arbeitszeitschutzes zu treffen hat, anordnen. Gegen diese Anordnungen steht der Verwaltungsrechtsweg offen. Das Auskunftsrecht der Aufsichtsbehörde besteht bei Verstößen und bei Verdacht, begründet aber kein generelles Ausforschungsrecht des Betriebes. Die Aufsichtsbehörde darf ohne vorherige Ankündigung während der Betriebs- und Arbeitszeit die Arbeitsstätte betreten und besichtigen und kann dieses Recht notfalls per Duldungsverfügung geltend machen. Der BR ist gemäß § 89 II BetrVG zu beteiligen. 

Bei flexiblen Arbeitszeitmodellen ist zur Erfassung der Arbeitszeit ein Arbeitszeitkonto/Zeitwertkonto (Kurzzeit- oder Langzeitkonto) zu führen. 

Die Aufzeichnungspflicht kann auf die Mitarbeiter übertragen werden, ist aber vom AG zu überprüfen. Vertrauensarbeitszeit ist mit der Aufzeichnungspflicht und vor allem der Prüfungspflicht nach derzeitiger Rechtslage schwer rechtskonform durchführbar. 

Am 14.05.2019 hat der Europäische Gerichtshof (C 55/18) auf eine Vorlage eines spanischen Gerichts hin entschieden, dass AG verpflichtet seien, ein objektives, verlässliches und zugängliches Arbeitszeiterfassungssystem einzurichten, mit dem die von einem jeden Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann. 

Schon jetzt besteht nach § 17 I S.1 MiLoG grundsätzlich eine Dokumentationspflicht zu Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit bei AN die die nach Mindestlohn bezahlt werden. 

Es muss also davon ausgegangen werden, dass der deutsche Gesetzgeber langfristig eine Regelung schaffen wird, welche ein verbindliches Zeiterfassungssystem vorschreiben wird für alle AN. 

Noch ist dieses Urteil nicht in nationales Recht umgesetzt, aber es ist zu erwarten, dass die Umsetzung auf jeden Fall einen Handlungsbedarf für Arbeitgeber nach sich ziehen wird. Seien Sie am Besten schon jetzt vorbereitet.